Typischer ABB’ler: Antonio «Tony» Lopetrone

ABB

Montage in neun Takten

«Toro 3» ist sein ganzer Stolz: Die Halle zur topmodernen Produktion von Hochspannungstechnik der ABB in Zürich Oerlikon ist hochgelobt und preisgekrönt. Warum das so ist und wie es dazu kam, weiss Antonio «Tony» Lopetrone, seit über 31 Jahren bei der ABB beschäftigt.

Ein typischer ABB’ler: auf der Brust an seinem Arbeitskittel prangt sein Name, auf dem Rücken das rote ABB-Logo. So etwas schafft Zugehörigkeit: «Als ich bei der Firma anfing», erinnert er sich, «hiess sie noch BBC». Nicht nur das hat sich verändert: Tony Lopetrone arbeitet auch längst nicht mehr in dem Beruf, den er in jungen Jahren erlernt hatte. Der einstige Elektromechaniker nennt sich heute Automatiker: «Typische Tätigkeiten des Automatikers», notiert die Online-Enzyklopädie «Wikipedia», «sind das Planen, Bauen und Prüfen von Apparaten, Maschinen, Anlagen und Automatisierungssystemen.» Vom Elektromechaniker hat sich der ABB-Mann weiter emporgearbeitet. Seit 2009 ist er Montageleiter in der Produktionsanlage für Generatorschalter. Das sind Sicherungen im XXL-Format, die beispielsweise in thermischen und geothermischen-, oder Wasser- und Pumpspeicher-Kraftwerken eingesetzt werden. Sie sollen im Störungsfall, genau wie eine Sicherung im Wohnhaus, den Strom unterbrechen – nur eben zwischen Generator und Transformator.

Montage in neun Takten: Video-Portrait

Dieses ABB-Werk im Hochlohnland Schweiz ist vom deutschen Fachblatt «WirtschaftsWoche» vor einiger Zeit zu «Europas bester Fabrik» gekürt worden, und das kommt nicht von ungefähr. Automatisierung und digitale Steuerung sind hier untrennbar miteinander vermählt und dies verlangte auch beim Produktionsprozess ein ganz neues Denken. «Heute ist alles digital, unsere Fabrik kommt praktisch ohne Papier aus», sagt Lopetrone. Sämtliche Informationen für die Mitarbeiter, jeder Arbeitsschritt im Produktionsprozess ist heute auf Bildschirmen abrufbar. Die Halle ist stets aufgeräumt, wirkt fast klinisch sauber. Was diesem Werk seit Jahren Auszeichnungen aller Art beschert: etwa auch einen «Manufacturing Excellence Award» für ausserordentliche Leistungen und Best Practices in der Industrie.

Antonio Lopetrone mit einem Mitarbeiter: Auf dem Bildschirm sind die Montageschritte exakt vorgegeben.

Jeder Handgriff sitzt: ABB-Mitarbeiter bei der Montage.

Digital gesteuert: Automatisierte Fügemaschine im «Toro 3».

Sicherung im XXL-Format: Generatorschalter für Kraftwerke.

Verändert hat sich seit 2006 eigentlich alles: Von der Logistik bis zur Endabnahme wurden Arbeitsprozesse überdacht und neu definiert. «Früher bauten wir einen Generatorschalter an einem einzigen Platz in der Fabrik zusammen. Standplatzmontage nannten wir das», sagt Lopetrone, «heute produzieren wir in einer Fliessfertigung». Die Mitarbeiter arbeiten in Teams zusammen und führen die einzelnen Produktionsschritte der Montage von Generatorschaltern weitgehend autonom aus –verbunden durch eine digitale Prozesssteuerung. Diese stellt auch sicher, dass sich sämtliche Komponenten zur richtigen Zeit in ausreichender Stückzahl am richtigen Ort im Montageprozess befinden. Ist ein Arbeitsschritt oder ein Takt, wie es hier heisst, vollendet, wird der entstehende Generatorschalter zur nächsten Station, zum nächsten Arbeitsschritt verschoben. Dort übernimmt ein nächstes Team, welches via Bildschirm genau weiss, was zu tun ist, denn dort ist jeder einzelne Handgriff schriftlich und fotografisch abrufbar. Bis ein solcher Generatorschalter fertig gestellt ist, durchläuft er neun Takte.

 

Dank einer speziell auf die Bedürfnisse von «Toro3» programmierten SAP-Software ist das Werden eines Generatorschalters gewissermassen rundumbetreut. Logistik und  Warenausgabe, die Visualisierung der einzelnen Takt-Arbeitsstationen laufen allesamt darüber. Mehr noch: nicht nur Montage- und Geschäftsleitung können jederzeit in den Produktionsprozess Einblick nehmen– selbst Kunden können die Fertigung «ihres» Generatorschalters live mitverfolgen. Dies dient der Qualitätssicherung. Und Tony Lopetrone? «Als Montageleiter bin ich selbstverständlich jederzeit über alles im Bilde», sagt er, «gibt es ein Problem, weiss ich, in welchem Takt ich wie eingreifen muss.»

 

Ganz einfach war der Weg von der Standplatzmontage in die digital gesteuerte, prozessorientierte Arbeitswelt auch für den heute 56-jährigen nicht. Doch mit der ihm eigenen Leidenschaft und Offenheit stellte er sich neuen Herausforderungen: «Ich absolvierte Fortbildungen, wurde Lehrlingsausbildner, absolvierte die Meisterschule und entwickelte mein Fachwissen stetig weiter». Und als ABB sukzessive auf digitale Produktion umstellte, engagierte er sich an vorderster Front. «Das Leben ist ein immerwährender Lernprozess», sagt er, «die Zeit bleibt nicht stehen».

 

Dass nicht jeder einzelne seiner Kollegen mit der gleichen Begeisterung auf solche Veränderungsprozesse reagiert hat, ist für ihn nachvollziehbar. «Das macht ja auch Angst», weiss Lopterone, «manch einer fragt sich auch, ob er die neuen Anforderungen meistern kann».  Als hilfreich und konstruktiv erwiesen sich Schulungen und Workshops, in denen auch Mitarbeiter Ideen und Verbesserungsvorschläge für den Produktionsprozess einbringen konnten. Solches schweisst zusammen und heute arbeiten lauter stolze Berufsleute in «Toro 3». Ein Generatorschalter, der früher vier bis sechs Wochen Produktionszeit verschlang, wird heute in 48 Stunden fertig gestellt – das zeichnet «die beste Fabrik Europas» aus. 

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